Der Cutaway an der Gitarre nimmt dem Gitarrenkörper etwas weg – und gibt dem Gitarristen dafür etwas zurück. Die Entscheidung kann dabei manchmal schwer fallen: Entscheide ich mich für eine Gitarre mit Cutaway oder ohne Cutaway? Nachfolgend gebe ich dir einen kleinen Einblick.
Was ist ein Cutaway?
Der Cutaway (englisch: „Ausschnitt“ oder „abgeschnitten“) bei der Gitarre ist der am oberen Teil des Korpus befindliche Ausschnitt am Ansatz des Gitarrenhalses. Hier fehlt ein Teil des vorderen halbrunden Korpus, sodass ein Ausschnitt entsteht, wodurch die Griffhand leichter in die höheren Lagen gelangen kann. Der Cutaway erleichtert das Spiel und die Wechsel an der Gitarre in hohen Lagen – bringt aber auch Nachteile mit sich.
Cutaways sind eigentlich fast immer bei E-Gitarren zu finden. Bei den akustischen Gitarren findet man ihn auch bei der Westerngitarre, seltener jedoch bei der Konzertgitarre. Funfact: Hat eine normale Konzertgitarren einen Cutaway, ist sie oftmals auch mit einem Tonabnehmer ausgestattet.
Cutaway Gitarre – Ja oder Nein?
Der Cutaway hat Vor- und Nachteile. Der große Vorteil ist, dass man auch in den höheren Lagen leichter spielen und hin- und herwechseln kann. Dieser Vorteil ist bei einer E-Gitarre spürbarer als bei einer klassischen Gitarre (Akustikgitarre), da der Hals dünner ist und somit das Wechseln noch leichter ist. Zumal nutzt man die hohen Lagen einer Gitarre meist eher zum Spiel von Gitarrensolo.
Der Nachteil ist, dass ein Stück vom Korpus fehlt und der Klang dadurch ein wenig eingeschränkt wird. Der klangliche Unterschied ist für Anfänger allerdings nicht sehr gravierend. Eher im Vergleich ist der Unterschied hörbar, also wenn man mit anderen zusammenspielt, die eine Gitarre ohne Cutaway spielen. Wenn einem der Klang einer Gitarre mit Cutaway gefällt, spricht nichts dagegen, sie trotzdem zu kaufen, auch wenn man diesen (noch) nicht braucht.
Was eher ausschlaggebend sein kann – gerade für Anfänger – ist der Preis. Mit Cutaway ist eine Gitarre teurer, da die Anfertigung mehr Aufwand in der Herstellung bedeutet. Der Gitarrenbauer muss die Form des Cutaways durch Biegung und Formung der Zargen sorgsam herstellen.
Als Anfänger musst du dir also tendenziell eher weniger Sorgen darüber machen, ob deine Western- oder Konzertgitarre nun einen Cutaway hat oder nicht. Und wenn du mit einer E-Gitarre anfängst, wirst du kaum eine Gitarre ohne Cutaway finden 😉
Akustische Auswirkungen des Cutaways
Durch den Ausschnitt des Korpus schwingt die Decke des Instruments nicht mehr so frei wie vorher, der Klang verändert sich also. Die Abweichung von der Achterform stellt für den Klang einen Störfaktor dar, da der Korpus keine symmetrische Form mehr hat. Durch die Kräfte, denen das Holz beim Biegen in die Rundungen des Cutaways ausgesetzt ist, können starke Spannungen auftreten, die den Klang negativ beeinflussen. Ebenfalls wirkt sich das Teilen der Zarge bei spitzen Cutaways auf den Klang aus.
Dennoch sind die Auswirkungen, vor allem bei Anfängergitarren und E-Gitarren eher unwesentlich. Der Bereich des Cutaways ist für das Schwingungsverhalten des Materials von untergeordneter Bedeutung, der primäre Schwingungsbereich liegt eher unterhalb des Schalllochs. Meist sind Gitarren mit Cutaway auch mit einem Tonabnehmer versehen.
Bei einer reinen Akustikgitarre (ohne Verstärker) wird die Form mit Cutaways seltener gebaut, da hier die Klangverluste nicht mit dem Tonabnehmer ausgeglichen werden können. Eine Konzertgitarre muss eher von gehobener Qualität sein, um auch mit Cutaway gute Klangergebnisse erzielen zu können. Bei der E-Gitarre hingegen hat der Cutaway keine nennenswerten Auswirkungen, da der Klang über die Tonabnehmer elektrisch verstärkt wird. Hier kommt es eher auf die Qualität des Tonabnehmers an.
Wenn der Cutaway spitzer ist, kann das zu einem helleren Klang beitragen. Bei dem Maccaferri-Modell mit meist höher positioniertem, kleinerem Ausschnitt wurde versucht, den Klangumfang einer Vollkörper-Gitarre beizubehalten.
Cutaways für Anfänger?
Die vorher beschriebenen Vor- und Nachteile sind eher für Fortgeschrittene und Profis ausschlaggebend, da Anfänger noch nicht in den hohen Lagen spielen und der Klangunterschied auf diesem Level eher weniger ausmacht. Jedoch schadet es natürlich nicht, sich eine Gitarre mit Cutaway anzuschaffen, da man diesen später dann trotzdem gebrauchen kann.
Die Optik – eine Geschmacksfrage
Über Geschmack kann man streiten. Aber wenn es um die Optik geht, ist der Cutaway auch Geschmackssache. Manchen Spielern, abgesehen vom Zweck, gefällt er auch optisch besser, manchen nicht. Die, die eine Gitarre mit Cutaway besitzen und hauptsächlich in den tieferen Lagen spielen, werden ihn nicht brauchen und sich das Modell nur wegen des Aussehens kaufen, andere, die den Cutaway wirklich brauchen und daraus Nutzen ziehen, finden die Ausführung aber mitunter nicht unbedingt schöner, sondern wählen dieses Modell nur aufgrund des Zwecks.
Manchmal ist es auch eine Gewohnheitsfrage. So ist der Cutaway ein gewohnter Anblick und man empfindet klassische Formen vielleicht eher als unmodern und konservativ. Spieler klassischer Modelle hingegen, die diesen Trend nicht mitgehen, empfinden das Aussehen als unvollkommen oder sogar „entstellt“, da die symmetrische Form aufgebrochen wurde.
Die klassischen Cutaway-Typen im Gitarrenbau
Beim Cutaway unterscheidet man klassischerweise zwischen drei verschiedene Typen:
- Venezianischer Cutaway: Bei diesem Typ ist der Ausschnitt rund zulaufend. Die Zargen, welche die parallel zum Hals liegende „Spitze“ bilden, verlaufen auch an der herausgeschnittenen Stelle abgerundet. Dieser Typ ist die häufigste Form bei Westerngitarren, kommt jedoch auch bei anderen Gitarrentypen vor.
- Florentinischer Cutaway: Dieser Ausschnitt ist etwas kleiner und anders geformt. Hier wird die Zarge in zwei Teile geteilt, welche spitz zusammenlaufen und zu einer Kante verleimt werden, was eine modernere Optik begünstigt. Oft ist der Cutaway auch etwas tiefer platziert, wodurch die oberen Lagen noch leichter zu erreichen sind.
- Maccaferri-Cutaway: Dieser Cutaway verläuft vom Hals aus rechtwinklig zum Korpus hin und kann optisch als am auffälligsten beschrieben werden. Er wurde in den 1930er Jahren vom italienischen Gitarrenbauer Mario Maccaferri entwickelt, der Akustikgitarren für die französische Firma Selmer entwarf und baute. Der berühmteste Spieler dieser Modelle war der französische Gitarrist Django Reinhardt.
Und dann gibt es natürlich noch alles dazwischen. Cutaway-Formen, die man als ‚freie Cutaways‘ bezeichnet. Künstlerische Abwandlungen der Grundform, die bis zu beidseitigen Cutaways selbst bei akustischen Gitarren führen können.
Schon mal die Gitarren von dem deutschen Gitarrenbauer Jens Ritter gesehen? Seine ausgefallenen Designs haben einen deutlichen künstlerischen Ansatz. Da ging sogar Weltstar Prince auf Shoppingtour bei dem deutschen Gitarrenbauer.
2 Antworten
Ein sehr schöner Text, voll mit fachlichen Informationen und auch mit persönlichen Einschätzungen.
Danke
🙂
Gerne 🙂